Kartlow ist ein kleines Dorf nordöstlich von Wismar.
Der ehemalige Bahnhof liegt fast 2 km südöstlich des Ortes am Verbindungsweg nach Kalsow.
Die Anlage der Station an dieser Stelle war dem Wunsch der Gutsverwaltung Kartlow nach
einem eigenen Bahnanschluss geschuldet. Die Trassierung der Bahn wurde eigens zu diesem
Zweck so vorgenommen, dass die Strecke in einem kurzen Abschnitt über das Gebiet der
Gemarkung Kartlow verläuft. Nach der Streckeneröffnung im Jahre 1883 war Kartlow zunächst
Haltestelle mit Ladegleis, die Station wurde jedoch schon sehr bald zum Bahnhof ausgebaut.
Um das durch die Landwirtschaft stetig steigende Güterverkehrsaufkommen zu bewältigen,
wurden die Gleisanlagen bis in die Mitte der 30er Jahre mehrfach erweitert und angepasst.
So besaß der Bahnhof neben dem Kreuzungsgleis zwei weitere durchgehende Aufstellgleise
sowie drei Ladegleise.
Es gab sogar einen Wasserturm, ähnlich dem in Neubukow. Verschiedene Gutsverwaltungen
besaßen eigene Laderampen, es gab mehrere Zuführungsstrecken von Feldbahnen.
1935 wurde die dringend notwendige Verlängerung des Kreuzungsgleises vorgenommen. Hierfür
wurde die Weiche 2 in Richtung Hornstorf vor die alte Einfahrweiche verschoben. Im selben
Jahr wurden die Sicherungsanlagen des Bahnhofs erneuert. Zur Unterbringung des mechanischen
Stellwerks erhielt das EG den auf der Bahnsteigseite typischen Vorbau.
Nach Ende des Krieges wurden, wie auf vielen Bahnhöfen, alle als nicht zwingend notwendig
eingestuften Gleise abgebaut, da man dringend alle verfügbaren Oberbaustoffe benötigte, um
die großen Lücken der Rückbauten durch Reparationsleistungen etwas zu kompensieren. So
blieb neben dem Kreuzungsgleis (2) noch ein Ladegleis (4) und ein Stück Abstellgleis, so
das der Betrieb, wenn auch etwas eingeschränkt, weitergehen konnte
Kartlow besaß stets nur Einfahrsignale, so das bei Durchfahrten wie üblich von der Aufsicht
das Signal Zp9 gegeben werden musste. Der Bahnübergang neben dem EG in km 8,78 war durch
mechanische Vollschranken gesichert und durchschnitt den Hausbahnsteig, wie bei solchen
kleinen Bahnhöfen nicht unüblich. Die Schrankenwinde war im Stellwerksraum mit
untergebracht was bei Regenwetter sehr vorteilhaft war. Zum Auflösen der Fahrstraßen für
Fahrten aus Richtung Hagebök musste der diensthabende Eisenbahner dann aber doch nach
draußen, um den am Stellwerksvorbau untergebrachten Schlüssel zu drehen. Anfang der 70ger
Jahre wurde noch das Kreuzungsgleis in Betonschwellenoberbau erneuert. Als dann zum
Fahrplanwechsel die einzig noch verbliebene Zugkreuzung entfiel wurde der Bahnhof Kartlow
aufgehoben, die Sicherungseinrichtungen zurückgebaut und die Weichen verschlossen. Ab dann
war Kartlow Haltepunkt.
Für wenige Jahre gab es noch einen Schrankenposten mit Fahrkartenverkauf.
Aufgrund der engen Bogenlage des ehemaligen nördlichen Bahnhofskopfes wurde bei der
Auflassung des Schrankenpostens gegen Ende der 70ger Jahre durch die fehlende Übersicht
eine Verlegung des Bahnübergangs in Richtung Hornstorf vorgenommen, da man sich
(wahrscheinlich aus Kostengründen) wie sonst üblich, gegen die Errichtung einer
zuggesteuerten Halbschrankenanlage HS/HL 64b entschied. Der neue Wegübergang wurde nach
km 8,5 vorverlegt, um bei vorhandener Übersicht so viel Annäherungsstrecke zu haben, dass
auf eine technische Sicherung vollkommen verzichtet werden konnte. Dazu wurde die gesamte
ehemalige Ladestrasse in die neue Wegzuführung mit einbezogen. Der Weg von Kartlow nach
Kalsow verlängerte sich so um über 600 m.
Anfang der 80ger Jahre wurden alle noch verbliebenen aber schon seit Jahren ungenutzten
Nebengleise zurückgebaut. Nur die Reste der Bahnsteigkante am ehemaligen Kreuzungsgleis
und der noch im Streckengleis verbliebene Schwellensatz einer Weiche zeugten vom einstigen
Bahnhof.
Im Zuge des kompletten Umbaues der Strecke Wismar - Rostock von 1998 bis 2001
entschloss sich die Deutsche Bahn AG den Haltepunkt Kartlow aus der noch aus Bahnhofszeiten
ungünstigen Bahnsteiglage zu verschieben. Der neue Bahnsteig wurde jedoch vor den BÜ in
km 8,5 gelegt so dass er nun aufgrund der unmittelbar neben dem Bahnübergang verlaufenden
Gemarkungsgrenze zum größten Teil auf Kalsower Gebiet liegt. Entsprechend benannte die
Bahn den so verschobenen Haltepunkt dann auch in Kalsow um, was einige Diskussionen in der
Bevölkerung auslöste.
Durch die sehr abgelegene Lage des neuen Haltepunktes zur nächsten Wohnbebauung und südlich
des Bahnübergangs dürfte die Einrichtung und das Mobiliar sehr leicht Opfer von Vandalen
werden.
Das ehemalige Empfangsgebäude von Kartlow steht nun allein am Streckengleis, in Sichtweite
des neuen Haltepunktes Kalsow. Es ist noch im Besitz der Bahn und wird von einem ehemaligen
Eisenbahner und dessen Familie bewohnt. Es präsentiert sich auch heute noch im
ursprünglichen Zustand und ist sehr gut erhalten.
Text: © Mathias Selk
Ganz vielen Dank dafür! |